Auf dieser positiven Aufbruch-Stimmung baute der Klub unter dem Vorsitz von Martin Kind in den Folgejahren auf, konnte im ersten Schritt neue Gelder u.a. aus Sponsoring oder Transfers akquirieren und die Umstrukturierung in die Wege leiten.
So löste das niederländische Software-Unternehmen „Baan“ ab der Saison 98/99 den bisherigen Trikot-Sponsor „Gilde Brauerei“ ab und investierte laut „HAZ“ bis zu 1,4 Mio. DM in den Klub. Rund 4,7 Mio. DM waren demnach nach dem Aufstieg in die 2.Bundesliga zudem durch neue TV-Einnahmen zu erwarten.
„Wir konnten die entsprechenden Aufgaben in der Organisation und bei den Finanzen aufarbeiten und regeln. Dadurch wurden auch Voraussetzungen für die Zukunft geschaffen“, zog Kind im Sommer 1998 nach rund neunmonatiger Amtszeit eine erste Zwischenbilanz (Quelle: Regionalliga-Kurier).
Der Präsident verfolgte in den nächsten Jahren als Anführer einer Investorengruppe von Beginn an eine konsequente wirtschaftliche Professionalisierung, trieb unter anderem die Ausgliederung der Profimannschaft in eine Kapitalgesellschaft und den Verkauf von Anteilen voran, um die Insolvenz abzuwenden. In der Sales & Service-Holding, die den Profibetrieb der Mannschaft finanziert und unterhält, sammeln sich heute die Kapitalgeber. Die Mehrheit an der S&S besitzt Martin Kind mit aktuell 52,73 Prozent der Anteile (Stand: Juli 2016, Quelle: Neue Presse), hinter dem Stammverein Hannover 96 steht mittlerweile ein weit verzweigtes Firmenkonstrukt.
Wie sind der Klub Hannover 96 und seine Untereinheiten organisiert?
Naturgemäß werden solch kritische Stimmen lauter, wenn es sportlich nicht mehr läuft. So auch in Hannover, wo bei 96 in den vergangenen Jahren ein schleichender Abwärtstrend zu beobachten war, der letztendlich im Abstieg aus der 1.Bundesliga resultierte. Verantwortlich gemacht wurde dafür im Umfeld in erster Linie der Präsident, der während seiner Amtszeit 15 Trainer und zehn Sportdirektoren verschliss. Dieser gesteht Fehler in der personellen Planung der vergangenen Jahre heute offen ein.
Fakt ist: Das, was Reinhold Fanz und Franz Gerber in der sportlichen Leitung vor knapp 20 Jahren erfolgreich gelang - einen sportlich schlagkräftigen Kader aufzubauen, der nicht einzig durch Leistung auf dem Rasen überzeugte sondern zudem die notwendigen Charakteristika aufwies, um auch abseits des Platzes ein positives Image und Identifikation mit dem Umfeld zu schaffen – danach sehnt man sich in Hannover mindestens seit dem Ende der Ära Schmadtke/Slomka. Vielmehr entwickelten sich Verein und Mannschaft während der vergangenen Spielzeiten nach den euphorisierenden Europapokal-Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung schleichend zurück zu einer gesichtslosen „grauen Maus“. Transfers der stets wechselnden Verantwortlichen schlugen in Reihe fehl, kein einziger Spieler aus dem eigenen Nachwuchs konnte sich in den zurückliegenden Jahren in der ersten Mannschaft etablieren. Am Ende stand im Mai 2016 nach einer katastrophalen Saison der sang- und klanglose Abschied aus der 1.Bundesliga, der einzig durch die späte Installation des bisherigen U19-Trainers Daniel Stendel und dessen striktem Konzept der Nachwuchsintegration einen leicht versöhnlichen Abschluss fand - und Hoffnung angesichts der Zukunft erwachen ließ.
Dass Spieler wie der vielversprechende Noah-Joel Sarenren-Bazee oder auch Waldemar Anton von den Stendel-Vorgängern Michael Frontzeck und Thomas Schaaf nicht schon früher in die Profi-Mannschaft hochgezogen wurden, ist für den heute 62-Jährigen unbegreiflich.
„Der Gang in die 2.Bundesliga ist nach den letzten Jahren sicherlich nicht einfach und es wird zweifelsohne zunächst unangenehm und gewöhnungsbedürftig für die Mannschaft, sich in dieser Liga erstmal zu finden. Aus dem Nachwuchs kam ja bei 96 die letzten Jahre wenig – da würde ich mir natürlich wünschen, dass in Zukunft wieder ein bisschen mehr passiert. Aber mit der baldigen Fertigstellung des neuen Leistungszentrums ist der Verein dahingehend sicherlich nicht auf einem falschen Weg“, meint auch Fabian Ernst.
Daniel Stendel
Geburtsdatum: 04.04.1974
seit 04.04.2016 Trainer von 96
Bilanz als Spieler von Hannover 96:
seit 04.04.2016 Trainer von 96
Bilanz als Spieler von Hannover 96:
- Spiele: 199
- Tore: 45
Viel wird dabei letztendlich von den sportlichen Leistungen und dem Auftreten der Mannschaft in der 2.Bundesliga abhängen – sowie der vorhandenen Geduld und der Bereitschaft in Umfeld und Anhängerschaft, dem neu geformten Kader die notwendige Zeit zu geben. Mit Kiyotake, Zieler, Schulz oder Andreasen hat dieser zentrale Kräfte der vergangenen Jahre verloren. Die zuletzt getätigten Transfers von Youngstern wie Timo Hübers, Sebastian Maier und Babacar Gueye auf der einen sowie erfahrenen Zweitliga-Profis wie Florian Hübner oder Marvin Bakalorz auf der anderen Seite lassen indes eine klare Linie und ein Konzept im Hinblick auf die angestrebte Mischung im Team erkennen. Dass Stendel, Bader und Möckl dabei auch vor kritischen und fragwürdigen Personalentscheidungen, wie beispielsweise der Aussortierung des langjährigen Kapitäns und Routiniers Christian Schulz nicht zurückschreckten, spricht vor dem Hintergrund des Umbruchgedankens zunächst für sie.
Aufstiegsfavorit oder Mitläufer? Direkte Rückkehr oder drohende Stagnation? Die Meinungen und Stimmungen in der Landeshauptstadt sind hinsichtlich Hannover 96 mal wieder zwiegespalten. Die sportliche Führung steht auf dem Prüfstand, auch Präsident Martin Kind wird sich erneut an Erfolg oder Misserfolg des eingeleiteten Umbruchs messen lassen müssen. An der Leine wünscht man sich in diesen Zeiten nichts mehr, als dass dieser ähnlich positiv und erfolgreich gemeistert wird, wie nach dem letzten Abstieg der Roten vor 20 Jahren.