Spielsystem

Sehr interessant. Solche Einblicke würde ich mir öfter wünschen.

Hier auch nochmal eine Taktik-Analyse zum Bayern Spiel, die die Aussage von Maric unterstreicht.

Interessant zu lesen.

Sehr gute Analyse. Ich habe es auch so empfunden, dass das Pressing zu Beginn da war, jedoch aufgrund des Gegners zum Scheitern verurteilt war. Nachdem wir auf 4-2-3-1 umgestellt hatten, waren wir schwerer auszuspielen. Die Bayern haben dann aber vieles richtig gut gemacht. Und waren uns deutlich überlegen.

Nach den 0-1 gab es dann den Bruch. Die Mannschaft schob sich höher aufs Feld. Und das Spiel drehte sich. Jetzt funktionierte das Pressing, das man sich von Anfang an vorgestellt hatte. Und man war plötzlich auf Augenhöhe. Die Energie des Parks hat das ganze noch verstärkt. Und nach dem 1-1 hat man auch nicht zurückgesteckt.

Deshalb sehe ich das als Einheit. Das System ist nur dir Grundordnung, in der man sich taktisch geschickt verhalten muss. Mit der richtigen Bereitschaft und dem entsprechendem Support von den Rängen, kann ein Spiel auf diese beeindruckende Weise gedreht werden. So liebe ich Fussball!

Ich habe mich in den letzten Tagen ein wenig mit der taktischen Entwicklung unserer Borussia beschäftigt und wie sie im Spiel agiert, um für mich ein Fazit zur Hinrunde zu ziehen. Hierfür habe ich auch mehrere Analysen durchgelesen und Material daraus gezogen. Da es vielleicht auch andere interessiert, dachte ich würde den Thread mal wieder hochziehen und etwas über Rose und Team und deren Herangehensweise schreiben.

Was zuerst einmal auffällt, ist, dass wir in Sachen Formation unfassbar variabel sind unter Rose. Das ist vor allem deswegen beeindruckend, weil unter Roses Vorgänger Hecking meist ein System gespielt wurde und man hoffen musste, dass der Gegner es nicht ausgeguckt hat. In der Hinrunde liefen wir mit 4-Raute-2, 4-2-3-1, 4-3-3 und etlichen Variationen der Dreierkette auf.

Unser Aufbau wurde zum Beginn der Saison im 4-Raute-2 aufgezogen. Dabei sorgten die Außenverteidiger für Breite und der ballnahe AV ließ sich fallen, um eine Anspielstation zu bieten (hier Wendt), während der ballferne AV (hier Lainer) höher steht. Der Sechser positionierte sich dann zwischen den IVs, die Achter positionierten sich nah am Sechser, um diesem Anspielstationen zu bieten, falls er angespielt werden sollte. Die Aufgabe des Sechsers war es dann, sich immer wieder fallen zu lassen, um das Pressing des Gegners auf sich zu ziehen, weil sich dadurch hinter dem Sechser Passoptionen auftun, die ausgenutzt werden können, wenn der Gegner unorganisiert presst.

Man sieht schnell, dass Rose und Maric sehr viel Wert auf vertikales Passspiel im Aufbau legen, oft One-Touch, mit hohem Tempo und nach vorne orientiert. Gerade Bewegung mit und ohne Ball und Laufwege der Mitspieler lässt Rose unfassbar viel üben, damit die mit Spielern überladenen Räume an- und infolgedessen überspielt werden können. Zwei unterschiedliche Kombinationen kristallieren sich dabei immer wieder heraus: IV spielt den Ball zum ballnahen AV -->Sechser und ballnaher Achter/Flügelspieler (je nach Formation) bewegen sich in die ballnahe, laterale Zone, was Anspielstationen für Kombinationen bietet --> diese Kombinationen laufen in der Theorie immer so ab, dass der ballnahe Flügelspieler/Achter nach der Kombination zur Flanke ansetzen kann. Die andere Passsequenz, die verwendet wird, geht wieder vom IV aus: Dieser spielt den ballnahen Außenverteidiger an --> Außenverteidiger spielt einen Doppelpass mit dem ballnahen Flügelspieler/Achter --> Seite wird verlagert, Stürmer lässt sich in Halbraum fallen, zieht damit den seinen Innenverteidiger aus der Kette und lässt dann für den Sturmpartner oder Zehner tropfen. In der Praxis sieht das ganze dann so aus. Unser Torwart ist für diese Kombinationen unverzichtbar, da er als "Sweeper-Keeper" immer wieder das Pressing auf sich ziehen kann, um damit eben Räume zu schaffen.
Dass es Gladbachs Ziel ist, Räume zu überladen, um damit Überzahlsituationen zu schaffen sieht man z.B. hier ziemlich eindeutig - speziell bei einer Doppelsechs ist dieses Konzept besonders effektiv: Ein Sechser lässt sich tiefer fallen als der andere --> gegnerischer Zehner wird aus der Formation gezogen --> Sommer oder Elvedi/Ginter spielen einen Außenverteidiger an, der zum tieferen Sechser spielt --> Sechser leitet weiter zum ballnahen Flügelspieler --> Pressing überspielt.

Interessant sind auch Sequenzen im Spiel mit Embolo auf der Zehn als "Shadow-Striker". In dieser Situation beschäftigt die Doppelsechs die tiefstehenden Mittelfeldspieler des FCA, sodass Embolo sich in den Raum dahinter fallen lassen kann, gleichzeitig macht der linke Flügelspieler (Thuram) einen Lauf in die Tiefe --> sobald Embolo in der Mitte den Ball bekommt, kann er tropfen lassen oder nach außen zu Thuram verlagern --> tiefstehendes Mittelfeld überspielt.

Zur spielerischen Facette kommt nun aber auch noch die des Pressings hinzu: Trotz Wechsel von 4-Raute-2 zu 4-2-3-1 bleibt das Prinzip des Pressings dasselbe - das Zentrum soll vollkommen unbespielbar sein und ein fast furioses laterales Pressing soll zu Ballgewinnen führen, die man im Mittelfeld oft nicht bekommt. Gerade wegen den oben bereits genannten Überzahlsituationen meiden die Gegner häufig, durch die Mitte zu kombinieren und probieren über die Außen Zugriff zu bekommen. Genau hier ist aber die wohl interessanteste und effektivste Pressingfalle unter Rose. Wird der Ball - wie hier - zum gegnerischen Außenverteidiger gespielt, wird das Pressing ausgelöst: Der Flügelspieler, der Außenverteidiger und der ballnahe Sechser gehen alle nach außen um einen Ballverlust zu erzwingen. In der obigen Situation ist es Gladbach gelungen, den Augsburgern mit einem 2 gegen 1 (Thuram und Benes vs Khedira) die Option des Anspiels auf den Sechser zu nehmen, mit einem weiteren 2 gegen 1 (Kramer und Zakaria vs Moravek?) die Option des Achters zu nehmen, den Außenverteidiger Augsburgs in Manndeckung (hier Plea) zu nehmen, den langen Ball auf den ballfernen Augsburger Außenverteidiger kann der Gladbacher ballferne Flügelspieler (Herrmann) abfangen. Dem Verteidiger bleiben durch das Pressing nur zwei Optionen, entweder er geht in ein Risikodribbling mit der Gefahr in ein 3 gegen 1 zu geraten oder er spielt den langen Ball Richtung Spitze mit dem wahrscheinlichen Ergebnis Ballbesitz Gladbach - Stichwort überladene Räume.

Eine weitere neue Facette ist die des Gegenpressings; Besonders bei abgefälschten/misslungenen Flankenversuchen ist das Gegenpressing von Gladbach sehr extrem, weil für einen Klärungsversuch ein Verteidiger oft aus der Kette muss und als Resultat dessen ist die Abwehr unsortiert. Der ballnahe Angreifer lässt sich fallen, um seinen Mann aus einem toten Winkel in einen Zweikampf zu zwingen (die toten Winkel findet Neuhaus übrigens erstaunlich gut, für's Pressing ein unfassbar wichtiger Spieler), die Innenverteidiger schieben tief in die gegnerische Hälfte, um den Raum unfassbar eng zu machen und den Ball zu gewinnen, falls die erste Pressing-Linie überspielt wurde. In der Praxis sieht das dann in grob wie folgt aus.

Unterstrichen wird die überragende Arbeit des Trainerteams in den Optimierungen im System:
Während beim Salzburger 4-Raute-2 die Innenverteidiger noch in die äußeren Zonen des Feldes ausweichen mussten, um den Ball im Falle eines Ballverlustes zu gewinnen, was die Konteranfälligkeit erheblich erhöhte, ist das im 4-2-3-1 nicht mehr nötig. Die Präsenz der Flügelspieler, der Außenverteidiger und der zentralen Mittelfeldspieler, die das Spiel verengen können, erlaubt es den Verteidigern zentraler und tiefer zu bleiben. Die Innenverteidiger müssen nur rausrücken, um eine eventuelle numerische Unterzahl auszugleichen oder um Bälle zu gewinnen, die an der ersten Linie vorbei kommen. Die Abstände im Aufbauspiel sind dank penibler Trainingsarbeit so abgestimmt, dass sie im Falle eines Ballverlustes wirksam werden und das Pressing erleichtern. Der Stürmer lässt sich fallen, der ballnächste Mann geht in den direkten Zweikampf, während der Rest der Spieler in der ersten Pressing-Linie Passwinkel so zulaufen, dass der Pass immer ein Risiko birgt. Je länger der Spieler den Ball hält, desto mehr Leute schwärmen um den ballführenden Spieler.

Mein Fazit? Ich bin schwer angetan von Roses implementierten Facetten zu unserem Spiel. Sicher hatten wir bereits ein gutes Fundament, aber was Rose aus dieser Truppe in so kurzer Zeit rausgeholt hat, ist unfassbar. Gerade die Mechanismen im Kombinationsspiel sehen - wenn die nötige Frische da ist - unfassbar flüssig und einstudiert aus. Die Pressingmechanismen sitzen mittlerweile sehr gut, mit einigen wenigen Ausnahmen (gegen Bayern) und das ganze nach einem halben Jahr. Gerade gegen spielstarke Gegner konnte man immer wieder mit der richtigen Intensität überzeugen, die man gegen z.B. den BVB bis dato nie hatte. Momentan laufen noch zu viele Gegenpressingsituationen ins Nichts, andersrum muss man sagen, dass man erstaunlich konterunanfällig ist, bedenkt man die extrem hohe Linie. Gerade die Pressingmechanismen beugen potenzielle Kontersituationen unglaublich vor, wenngleich natürlich nicht immer eine Chance aus den Pressingfallen entstehen. Kurz gesagt, es gibt noch vieles zu tun, aber bis jetzt einfach beeindruckend!!
Эта статья в последний раз редактировалась ThotPatrol 11 янв. 2020 г. на 16:37 Часов

Ich habe den Alarm Button gedrückt, da dieser Beitrag das doch oft sehr niedrige Niveau in diesem Forum so unfassbar anhebt, das geht ja gar nicht..
Nein, Spaß beiseite, ganz toller Beitrag, Ich habe mal gewertet...!!

@ThotPatrol
Hier auch nochmal die ursprüngliche Analyse bei der du dich (glaub ich) bedient hast.

Trotzdem sehr gute Aufbereitung! Auf deutsch wird das sicher nochmal mehr Leute erreichen, dafür eine Wertung

Ja danke, habe es glaube auch kurz erwähnt, dass ich eine andere Analyse verwendet habe. Aber klar, danke dass du es dazu schreibst, will ja nicht den Credit dafür abstauben, mir ging es mehr darum, dass Rose grundsätzlich unfassbar viel geändert hat, wenngleich noch nicht alles sitzt. Zumal der Text ja auch alles andere als leicht zu verstehen ist - selbst auf Deutsch. Hätte es vielleicht erkenntlich machen sollen, dass die Analyse per se nicht von mir ist, aber egal. Wie gesagt, es ging mir keineswegs um Anerkennung oder sonst was, vielmehr darum zu zeigen, wie weit die Mannschaft eigentlich schon ist. Wenn jemand nicht des Englischen mächtig ist oder schlicht keine Lust hat, auf Englisch zu lesen, war es das ja schon wert, wenn nicht nun dann reiht es sich halt in eine Reihe mit sehr vielen anderen Posts in diesem Forum, die keinen Mehrwert haben. Jedenfalls danke, dass du noch die originale Quelle verlinkt hast, credit where credit is due!

Nein kein Ding, wollte nur nochmal den Artikel verlinken, damit die auch ein paar Views bekommen. Man sieht ja sehr gut, dass du den Inhalt mit eigenen Worten wiedergegeben hast und es ist ja auch so, dass so eine Übersetzung allgemein sehr viel Arbeitsaufwand ist.

Ich finde es auch beeindruckend, wie viel Rose und sein Team in so kurzer Zeit verändern konnten, ohne dass das Team damit Probleme hatte. Und ich denke trotz all den Verbesserungen, dass da sicher noch weiter Luft nach oben ist, was nur für alle Beteiligten spricht.. Ich bin gespannt, wie wir nach der Winterpause auftreten werden. Immerhin wurde in Jerez ja einiges an der Taktik gearbeitet.

Danke auf jeden Fall fürs posten! Solche Inhalte kommen dem Forum nur zugute.

Borussia M´Gladbach – die variabelste Mannschaft der Liga

Eine Analyse unserer bisherigen Saison und der Taktik unter Rose.