David Wagner [ehem. Trainer]

Dann ist aber wieder die Frage, ob z.B. einem Harit eine Denkpause gut tun würde oder ob er durch den (vorübergehenden) Vertrauensentzug nicht noch weiter in ein Loch fällt. Alles ein Drahtseilakt.

Für mich ist dieses ganze "verletztenmiesere"-Gejammer nur ein Alibi, da man es sich sonst nicht erklären kann.

Wir haben mit der gleichen Mannschaft wie am Ende der Hinrunde das erste Rückrundenspiel gg. Gladbach stark gespielt und gewonnen. Dann kam das desaströse Spiel in München und von da an spielten wir nur noch schlecht. Auch MIT Caligiury, Serdar, Kabak und Mascarell. Jetzt sind diese verletzt und ihre Verletzungen sollen als Erklärung für den Anti-Fußball der letzten Wochen herhalten? Das ist für mich zu einfach und passt in meinen Augen nicht.

Andere Mannschaften integrieren auch junge Nachwuchsspieler. Und wenn unser Becker in seinen 1. Spiel ein Gegentor verschuldet, muss er daraus lernen und ne neue Chance bekommen. Wenn unsere jungen Nachwuchsspieler lernen, dass sie keine Fehler machen dürfen, weil sie sonst sofort raus sind, ist das für deren Selbstvertrauen absolut nicht förderlich.

Jetzt, wo in meinen Augen die Saison für uns gelaufen ist, denn wir werden im Laufe der nä.. Monate eher noch einige Tabellenplätze verlieren, sollte man den einen oder anderen jungen Spieler etwas näher an die 1. Mannschaft bringen. Mir wäre es egal, ob wir am Ende der Saison 9. oder 13. sind. Und gleichzeitig müssen sich Gedanken über die Zusammenstellung der Mannschaft für die nä. Saison gemacht werden. Einen Todibo können wir nicht bezahlen (dazu haben wir zuviel andere Baustellen), warum spielt dann nicht mal einer aus der Jugend, bis die etatmäßigen IV wieder einsatzbereit sind?

Naja, so zu tun, als ob die fehlenden Spieler keinen Einfluss haben ist falsch. So zu tun, als ob die alles erklären ist auch falsch.

Wagner hat sich halt ein System gebaut, dass nur mit bestimmten Spielern (vlt. auch Spielertypen) funktioniert. Außerdem hat er keinen Plan B entwickelt, falls sein System geknackt wird.

Jetzt fehlen einerseits die Spielertypen um sein Erfolgssystem in aller Konsequenz auf den Platz zu bringen. Andererseits ist sein System geknackt, so dass es mit den Ersatzspielern gegen keinen Gegner reicht.
Und nen Plan B hat er nicht.

Dumm gelaufen, damit isses dann für DIESE Saison gegessen. Entweder er lernt draus, oder er fliegt nächste Saison, wie jeder andere Schalke Trainer in den letzten Jahren.
Was diese Saison angeht: Nicht absteigen, mitnehmen was geht, jungen Spieler Chancen geben. Fertig.

Die Verletztenmisere ist ganz sicher kein Alibi. Und ich möchte erklären, warum es aus meiner Sicht mehr als eine Ausrede ist.

Wenn du der Meinung bist, dass die Ausfälle nicht die Ursache für den Leistungseinbruch nach dem Gladbachspiel sind, dann würde ich dir da nicht widersprechen wollen. Entweder hat das Bayernspiel merkliche Spuren im Selbstvertrauen hinterlassen oder irgendetwas anderes ist um dieses Spiel herum passiert. Sei es das Spiel die Form verloren haben, angeschlagen waren oder im taktischen Bereich Fehler gemacht wurden. Unbestreitbar ist, dass wir seit diesem Spiel völlig den Faden verloren haben.

Der Grund für den Beginn des Abwärtstrends muss also nicht bei den Verletzten liegen, aber das bedeutet nicht, dass die Ausfälle für die akut schwachen Leistungen keine belastbare Erklärung sind. Denn die Ausfälle von neuerdings auch Serdar und Mascarell werden uns extrem weh tun.

Unser Spiel hat in der Hinrunde sehr stark auf dem Kollektiv aufgebaut. Unser Pressing war das Element, was unser Spiel ausgemacht hat. Aus welchen Gründen auch immer, funktioniert dieses seit dem Bayernspiel nicht mehr in der Form wie es in der Hinrunde der Fall war. Daraus ergeben sich diverse weitere Probleme, weil auf den Balleroberungen ein Großteil unseres Offensivspiels basierte und auch die defensive Stabilität. Beides ist eingebrochen und das ist für jeden offensichtlich.

An diesen Problem kann man arbeiten und Lösungen finden. Dadurch, dass jetzt aber weiter wichtige Stützen des Teams wegbrechen, werden die Möglichkeiten eine Lösung zu finden aber immer mehr erschwert. Mal außen vorgelassen, weshalb wir aus der Spur gekommen sind, die Verletzungen sorgen dafür, dass es noch schwerer wird wieder in die Spur zu kommen.
Wir haben eine mittler Weile verunsicherte Mannschaft und jetzt fehlen uns Stützen des Teams, um dieses wieder aufzurichten. Die Verletztenmisere ist damit vllt nicht (alleine) ursächlich, dass wir in eine Krise geschlittert sind, aber sie wird dafür sorgen, dass wir Probleme haben werden, sie zu überwinden.

Es stimmt, dass andere Vereine auf Jugendspieler setzen. Es ist aber auch nicht so, dass wir dies nicht selbst auch tuen würden. Unser Kader umfasst viele junge Spieler und einige davon durften bereits in der Hinrunde relevante Spielpraxis genießen. Das Problem ist, dass man normaler Weise versucht die Spieler gezielt zu fördern. Man integriert einzelne Spieler bewusst auf bestimmten Positionen und baut sie auf. In der Regel hat man dabei noch eine Alternative in der Hinterhand und kann so den Druck auf den Nachwuchsspieler reduzieren. Optimal ist es, wenn der Spieler als Unterstützung erfahrene Spieler neben sich hat, eine Struktur und Hilfe, um sich besser orientieren zu können.
Bei uns kommen sie jetzt in ein verunsichertes Team, dem die Struktur verloren gegangen ist und an ihrer Seite haben sie Spieler, die zum Teil ebenfalls keine Leistungsträger waren. Es macht einfach einen Unterschied, ob ein Boujellab neben Serdar, vor Mascarell und hinter Harit spielt, die alle in Form sind oder zusammen mit McKennie als Aushilfs-Sechser, einem biederen Schöpf und einem Harit außer Form. Zumal anscheinend diverse Spieler noch angeschlagen zu sein scheinen (Kenny, McKennie).

Talente müssen Fehler machen dürfen, denn Fehler gehören zu einer normalen Entwicklung dazu. Meistens sind Fehler sogar lehrreicher als "perfekte" Spiele. Fehler dürfen auch Folgen haben und man muss akzeptieren, dass junge Spieler auch aus Unerfahrenheit Tore verschulden oder gute Chancen vergeben. In unserer Situation ist es aber so, dass wir diese nicht (vernünftig) im Kollektiv auffangen können. Es fehlen die Leistungsträger, die die Fehler ausbügeln können und verhindern, dass sie schwerwiegendere Folgen haben. Damit meine ich nichtmal, dass McKennie als 6er oder Schöpf auf der 8 zu schlecht sind, aber sie sind dort nicht die optimale Besetzung und es fehlt die Struktur, die ihnen hilft selber ihre Leistung konsequent abzurufen. Es fehlt eine verlässliche Absicherung, wenn wir Bälle im Mittelfeld verlieren; uns fehlt dort oftmals der Zugriff.

Ich will dir gar nicht widersprechen, dass wir in dieser Situation den Nachwuchsspielern das Vertrauen schenken sollten. Allein schon, weil wir keine große andere Wahl haben. Aus meiner Sicht muss man dann aber akzeptieren, dass die Spiele weiterhin anstrengend zu gucken sein werden und der Erfolg alles andere als garantiert ist. Sollten die Spieler und die Fans das akzeptieren können, würde ich den Weg gehen wollen. Wenn aber die Fans pfeifen, dann wird es die Jungs noch mehr verunsichern und dann sollte man eher versuchen die jungen Spieler zu schützen.

Mein Fazit ist daher, dass die Verletztenmisere sehr wohl ein Hauptgrund für die sportlich schwierige Situation ist, auch wenn sie nicht zwingendursächlich für die Entwicklung bis hier hin war. Und das wir jetzt auf die Jungs wie Boujellab, Mercan und Matondo setzen sollten, aber dabei in Kauf nehmen müssen, dass die Ergebnisse weiterhin mau bleiben werden.

Ich würde hier eben einhaken. Ich würde nicht behaupten, dass unser Pressing seit dem Bayern Spiel nicht mehr funktioniert - es ist schlichtweg nicht mehr vorhanden. Man sieht nicht etliche Situationen in denen wir aktiv pressen und damit aber keinen Erfolg haben.
Schon in Berlin hat man die Hertha unglaublich viel gewähren lassen. Im Pokal dann noch extremer, so dass man schon von einer Passivität sprechen konnte. Gegen Paderborn und Mainz das gleiche. Die Gegner geben uns mehr Ballbesitz und daraus wird nichts gemacht. Gegen den Ball wird aber auch nicht mehr mit der gesamten Mannschaft verteidigt bzw die Ballverluste erzwungen.

Wir haben die ganze Saison nur gegen Bayer mehr als 3 Gegentore bekommen und haben danach so die Hose voll, dass wir aufhören "unsere" Art Fußball zu spielen.
Und jetzt haben wir den Salat - mit dieser Veränderung in unserem System haben wir unseren Spielern komplett das Selbstvertrauen genommen, weil ihnen der Trainer einen Plan zur Hand gibt, der nicht mehr funktioniert.
Sobald der Gegner in seine Ordnung zurückkommt haben wir keine Möglichkeiten mehr gefährlich zu werden. Gegen Leipzig einer der Höhepunkte, wo wir die Leipziger bis zu unserem 16er nur eskortieren und so Leute wie Angelino ganz entspannt vor spazieren kann.

Es ist ja nicht so, dass wir 80% Ballbesitz haben. Es gibt immer noch genug Phasen, in denen der Gegner am Ball ist und da hätte man sein Pressing weiter durchführen können. Macht man aber nicht.

Es geht mir hier um den Ursprung des Problems und nicht darum, dass in der Folge dann noch Cali, Mascarell und Serdar ausfallen.

Man geht einfach deutlich weniger Risiko ein. Und wenn man es nicht schafft gegen Paderborn und Mainz den Hebel wieder umzulegen und zumindest phasenweise die Spielweise der Hinrunde zu zeigen, dann wirds halt auch gegen bessere Gegner nicht funktionieren.

Ich finde die Parallelen zu Tedesco momentan schon erschreckend. Tedesco ist auch von dem Erfolgsrezept weggegangen und ist damit auf die Nase gefallen. Er hat versucht dahin zurückzukommen, aber da war das Selbstvertrauen auch schon weg. Genauso schwer wird es jetzt sein entweder Lösungen zu finden oder zum alten System, welches eh nur die erste 11 konnte, zurückzukehren.

Ich hole meinen Beitrag aus dem Dezember hoch.

Was man aktuell auf Schalke sieht, nennt der Statistiker "Regression zur Mitte". Dieser Effekt ereilt Wagner nun früher als Tedesco, der konnte die Welle immerhin quasi eine ganze Saison reiten. Die aktuelle Entwicklung ist also nicht sonderlich überraschend.

Ich denke nicht, dass Wagner derzeit einen deutlich schlechteren Job macht als in der Hinrunde. Vor allem hat sich das Spielglück gewendet. Außerdem hat so ein Lauf bzw. Anti-Lauf massive Auswirkungen auf eine Mannschaft.

Ein -Feedback für die "Regression zur Mitte". Das ist leider auf dieser Seite eine Erkenntnis, die zu kurz kommt. Ich hatte schon einen Plan, mit Kahnemans Erkenntissen einen Großteil des Treibens in der Marktwertanalyse auseinanderzunehmen, aber ich glaube, die sind da eh gegen methodische Reflexionen immunisiert.

Allerdings betrachtet das Argument der "Regression zur Mitte" in Reinform unsystematische, also zufällige Effekte. Das würde ich bei Tedescos zweitem Jahr und auch aktuell nicht unterstellen, da gibt es jeweils sicher auch andere Kausalitäten.

Die Statistik-Vorlesungen habe ich nie gerne besucht und die sind auch viele Jahre her, daher habe ich mehr als ein paar oberflächliche Bascis nicht zu bieten.
Grundsätzlich wird der Faktor Zufall im Fussball gerne kleingeredet. Macht in den Diskussionen auch wenig Spaß, wenn man vieles mit Zufall erklärt. Daher ist die Bezeichnung 'Spielglück' an dieser Stelle vielleicht besser.

Jedenfalls hat Schalke lt. dem durchaus interessanten xG-Modell in der Rückrunde schon Punkte liegen lassen, obwohl man dem Gegner chancentechnisch relativ deutlich überlegen war. Das war in der Hinrunde noch sehr oft umgekehrt. Dazu kommen im Fussball eben, dass sich Positiv- und Negativerlebnisse auf die Mannschaft und letztendich auf die Betrachung der Zuschauer auswirken. Wenn man zwei Klatschen in Folge kassiert, schaut man kritischer hin, als wenn man zwei mal 0:1 verliert, obwohl die Leistung vielleicht ähnlich war.

So oder so schließe ich mich der Einschätzung an, dass die aktuelle Saison für Schalke gelaufen sein dürfte. Negativer Trend insgesamt, viele Verletzte, negative Formkurve wichtiger Spieler, die ganze Saison ist das Tore schießen und das Herauspielen von Chancen sehr problematisch, Problemfeld Nübel... da braucht es schon viel Optimismus oder den Glauben an den Zufall, dass man den Bock nochmal in die richtige Richtung umstoßen kann.

Wagners letzte beiden Trainerstationen endeten im freien Fall. Bei Huddersfield konnte man ihm dafür sicherlich keinen Vorwurf machen, dass er die BVB Amateure damals trotz starken Kaders Richtung Oberliga taumeln ließ, hat bei mir hingegen nachhaltig Eindruck hinterlassen. Was sicherlich nicht fair ist, denn das ist ewig her.

Schalke muss vor allem den Kader verbessern und auf weniger Verletzte hoffen, das dürfte noch entscheidender sein als die Trainerposition. Wagner ist sicherlich kein schlechter Trainer.
Эта статья в последний раз редактировалась Doc_Gonzo 02 марта 2020 г. на 23:32 Часов

Hat jemand WAZ Plus und kann sagen warum Wagner vom Pressingsystem abrückt ? Oder ist es nur wieder Clickbait und war nur aufs Bayern Spiel bezogen ? Wie gesagt ist Paywall hinter. Packe den Link dennoch rein, aber sonst nicht drauf drücken.

https://www.waz.de/sport/fussball/s04/schalke-04-warum-trainer-wagner-vom-pressing-system-abrueckt-id228616899.html

Ich habe gehört das man den Artikel wohl ohne Abo lesen kann wenn man direkt nach dem öffnen einen Screenshot erzeugt... ob das nun legal ist kann ich nicht beurteilen......