| Aufstellung & Taktik

https://www.espn.com/soccer/barcelona/story/3950089/barcelona-are-in-crisis-heres-how-valverde-can-turn-messisuarez-and-co-around?platform=amp&__twitter_impression=true

Ein guter Artikel mMn. Er beschreibt ziemlich genau das, was ich seit der Saisonvorbereitung sage. Thema Griezmanns Position, Laufintensität des Teams, taktische Überlegungen und Valverdes bröckelndes System. Ich würde zwar eher Griezmann über rechts kommen lassen und Messi in die Mitte zu Suarez stellen, aber das Ganze muss man sowieso fluide betrachten. Eines ist auf jeden Fall für mich klar. Die zwei besten offensiven Passgeber (Messi, Griezmann) gehören näher zusammen am Spielfeld.

Mir haben ja die Spiele Anfang Saison als wir unverhofft mit der Flügelzange Fati – Perez gespielt haben extrem gut gefallen. Gerade bezüglich Flügelspiel und Pressingintensität. Seit Messi und Suarez wieder zurück sind, sehen wir uns wieder mit zwei altbekannten Problemen konfrontiert. Ein mangelhaftes Gegenpressing und eine verwaiste rechte Seite. Als ich die letzten Spiele und insbesondere Dasjenige gegen Inter angeschaut habe, sind mir einige Gedanken durch den Kopf, wie wir das taktisch meiner Meinung nach lösen müssten. Ich betrachte in diesem Beitrag vor allem das zweite Problem der verwaisten rechten Seite. Also unser Spiel mit Ball. Gegenpressing lasse ich im Moment mal aussen vor.

Unser Spiel mit Ball steht und fällt mit Messi. Ich komme immer mehr zur Überzeugung, dass seine momentane Rolle nicht mehr zukunftsträchtig ist. Wenn er im 4-3-3 als nominell rechter Flügel aufgestellt wird, aber ständig in die Mitte driftet, bringt uns das zwar viele Vorteile aber eben auch gewichtige Nachteile, die für mich schlussendlich überwiegen. Die Vorteile liegen auf der Hand. Ein Messi ist zentral immer gefährlicher als auf dem Flügel, weil das Zentrum naturgemäss die gefährlichere Zone für den Gegner ist. Die Nachteile sind aber gewichtiger. Die rechte Seite ist verwaist und wird vor allem von Messi meistens ja auch nicht angespielt, weil dieser mit Ball sich aufgrund seines linken Fusses und seiner Chemie mit Alba nach links orientiert. Ich bin daher überzeugt, dass selbst Dani Alves mittlerweile seine liebe Mühe hätte, sich produktiv in unserem jetzigen Spiel einzuschalten. Die mittige Position von Messi beschneidet aber vor allem auch das Wirkungsfeld von de Jong und von Griezmann der plötzlich gezwungen wird, auf dem linken Flügel Breite zu geben, weil die Mitte schon überbesetzt ist. Dies gelingt ihm augenscheinlich nicht besonders gut. Für den Gegner reicht es in der Regel aus, wenn er die Mitte zustellt, weil wir ja aus den beschriebenen Gründen über die Flügel komplett harmlos sind. Also was tun?

Besonders gestern gegen Inter ist Messi in Zone 2 oft am rechten Flügel in einer breiten Position geblieben. Die letzten Jahre war er ja oft gezwungen, bereits in diesem Stadium des Spielaufbaus im Mittelfeld herumzuschwirren, weil wir ohne ihn zeitweise gar nicht fähig waren, das Spielgerät ohne Ballverlust bis in Zone 3 zu bringen. Dies ist in dieser Saison mit der Mittelfeldkombo Busquets-Arthur-De Jong nicht mehr nötig. Wir schaffen es den Gegner hinten rein zu drücken. Sobald wir gegen Inter aber in der Nähe des Strafraums waren, hat Messi seine breite Positionierung aufgegeben und sich in die Mitte orientiert. Ich würde es sehr gerne sehen, wenn Messi dies bewusst mal nicht machen würde. Was erhoffe ich mir dadurch?

Ganz klar eine belebtere rechte Seite und zwar aus verschiedenen Gründen. Momentan ist es oft so, dass der RV Breite gibt, während der Ballzirkulation den Ball erhält und dann völlig auf sich alleine gestellt ist. Meistens kommt dann ein Sicherheitspass zurück ins Mittelfeld oder sogar zu Pique und wir haben nichts davon. Nach dem Match haben wir im Forum dann diverse Beiträge, welche die offensive Harmlosigkeit unserer RV’s anprangern. Meiner Meinung nach aber vor allem, weil der RV in unserem Spiel momentan zu wenig Anbindung hat. Wenn Messi länger auf dem Flügel verharren würde, dann würde auf dieser Seite die Dreiecksbildung um einiges leichter fallen. Davon würden sowohl der RV als auch De Jong profitieren. Daraus ergeben sich verschiedene mögliche Spielzüge. RV der 8er und Messi könnten kleinräumig kombinieren und einen Durchbruch auf rechts provozieren. Ich bin überzeugt, dass gerade De Jong hier die Technik und Gedankenschnelligkeit verfügt, um mit Messi mitzuhalten. Eine weitere Variante ist, dass Messi an der Seitenlinie den Ball bekommt und der RV in nicht hinter- sondern vorderläuft und von Messi mit einem Tiefenpass angespielt wird. Klappt der Pass nicht, dann zieht er wenigstens einen Gegenspieler mit, was Messi mehr Platz für ein raumgreifendes Dribbling geben würde. Messi kann in dieser Situation seinen Gegenspieler andribblen. Wenn sich Suarez oder der 8er gut im Zwischenraum positioniert, eignet sich diese Ausgangslage hervorragend für einen schnellen Doppelpass. So würde Messi optimalerweise bereits mit Tempo in den für ihn interessanten rechten Halbraum gelangen. Und ein Messi, der mit aufgenommenem Tempo in den rechten Halbraum kommt, ist bekanntlich fast nicht zu verteidigen. Da hat er dann wieder die bekannten Möglichkeiten. Pass auf die linke Seite oder eigener Abschluss.

Auch für die linke Seite unserer Formation hätte diese Änderung interessante Auswirkungen. Wenn wir davon ausgehen, dass das Ziel ist, dass Griezmann mit Suarez und Messi auf dem Platz stehen soll, muss Griezmann im 4-3-3 nominell links aufgestellt werden. Wenn Messi aber länger auf rechts bleibt, dann kann Griezmann mehr in die Mitte ziehen, ohne, dass sich alle auf den Füssen herumstehen. Alba hat ja bereits bewiesen, dass er sehr gut zurechtkommt, wenn er die linke Seite alleine beackert. Griezmann könnte den Halbstürmer geben und prioritär den linken Halbraum besetzen mit Freiheiten als zweiter Stürmer die letzte Linie zu besetzen oder situativ auf den linken Flügel auszuweichen. Vor allem könnte er den Diagonallauf gegen die Laufrichtung der Verteidigung starten, wenn Messi aus der rechten Seite mit Tempo in die Mitte zieht.

Im schlimmsten Fall passiert folgendes: Messi wird auf der rechten Seite isoliert, weil er konsequent gedoppelt wird. Das wäre für Messi zwar sehr mühsam, würde aber wiederum für unsere restlichen Spieler mehr Räume ergeben. Und ich bin der Meinung, dass unser Team dieses Jahr diese Situation durchaus zu bestrafen wüsste.

Interessante Ansätze, welche ich durchaus nachvollziehen kann und bis auf 1-2 Ausnahmen auch stütze. Meine Sichtweise um die Präsenz Messi's im Zentrum hatte ich ja bereits vor einiger Zeit mal erläutert, sowie die grundlegende Frage nach dem Spielsystem und der Anlage/Ausrichtung welche Valverde in welchen Maßen vorgibt, oder die Hintergründe, was das Team davon diszipliniert überhaupt auf den Rasen bringt und was wiederum irgendwo zwischen Kabine, Platz und tatsächlicher taktischer Grundausrichtung gepaart mit Tagesform und Moral des Gegners hängen bleibt. Der Trainer kann im Vorfeld in der Theorie viel vorgeben, was die Mannschaft davon praktisch effektiv im Spiel - unter Berücksichtigung diverser relevanter Faktoren - umgesetzt bekommt, steht leider auf einem ganz anderen Blatt. Agierst Du und zwingst dem Gegner Dein Spiel auf oder reagierst Du sogar gezwungenermaßen auf dessen Grundausrichtung, was den ursprünglichen Vorgaben des eigenen Trainers wiederum widersprechen würde?

Die Thematik um das Beispiel Dani Alves z.B. hingegen erachte ich daher als etwas unverhältnismäßig.
Das Zusammenspiel zwischen dem kleinen Brasilianer und Messi basierte zu 100% auf Tiki-Taka. Direktes Kurzpassspiel und Doppelpässe auf engstem Raum, ausgelegt auf ein automatisiertes-, stets präsentes-, dynamisch agierendes Dreieck. Das konnte man sowohl am eigenen 16-er-, als auch auf Höhe der Mittellinie-, zumeist jedoch am gegnerischen Strafraum beobachten.
Mit Alba verhält sich das berechenbarer. In den häufigsten Fällen schickt Messi Alba die linke Seite bis zur Grundlinie runter, startet nach besagtem Pass selbst durch an den 16-ner, um dort den Rückpass Alba's in Empfang zunehmen und abzuschließen. Das ist im Quervergleich zum Zusammenspiel mit Alves weder ansatzweise so kreativ-, noch überraschend für den Gegner.
Vor allem aber steht für mich die Frage im Raum:
Gibt Valverde dieses geschilderte Verhalten heute ebenso vor wie Guardiola das Tiki-Taka damals, oder ergibt sich das vor dem Hintergrund spielerischer Stagnation mittlerweile förmlich aus Routine, weil es hier einfach keine konkrete Vorgaben vom Coach gibt?

Ein letzter Punkt ist Griezmann. Ich kann Deinen Gedankengang im vorletzten Absatz Deines Beitrags durchaus nachvollziehen, sehe mit Blick auf Messi aber das Problem nach wie vor bei der Aufteilung der Spielanteile im offensiven Mittelfeld. Es gilt die Aufgabe zu bewältigen, dass sich beide nicht auf den Füßen stehen und blind miteinander harmonieren, sobald Griezmann von links-, oder Messi von rechts in die Mitte zieht.
Denn eins ist mal klar: Der Franzose war nie ein reiner LA, ist gegenwärtig keiner und wird sich auch bei Barca zu keinem entwickeln. Beißt sich zum einen mit den offensiven Aktivitäten und Stärken eines Alba, zum anderen mit der des Franzosen hinsichtlich der Einschränkung im Abschluss. Mit dem linken Fuß hast Du aus rechter bzw. zentraler Position nun einmal grundlegend die aussichtsreichere Perspektive.

Ich bin gespannt wie sich das in dieser Spielzeit entwickeln wird, habe aber - wie bereits mehrfach erwähnt - stets den Beigeschmack, dass es bei Barca unheimlich schwer bis unmöglich ist, einen 2-ten nominell- gewohnten Spielmacher neben Messi in der Offensive zu implementieren, ohne diesen dabei seiner jeweils größten Stärken und effizientesten Fähigkeiten zu berauben.

Ich komme leider erst jetzt dazu, dir zu antworten.

Das ist natürlich immer eine gute Frage. Wer oder was bestimmt, was auf dem Feld passiert. Das finde ich beim Barca unter Valverde ja sowiso sehr komisch. Bei einigen Spielen habe ich das Gefühl, dass Valverde durchaus bestimmte Inputs weitergegeben hat, während an einigen Spieltagen der Eindruck herrscht, als seien die Spieler völlig ohne Anweisungen aufs Feld geschickt worden. In diesem Zusammenhang würde mich persönlich sehr interessieren, wie Messi persönlich seine Rolle sieht. Geht er einfach ins Zentrum, egal was der Trainer sagt, oder ist das eine taktische Anweisung. Würde er überhaupt auf dem Flügel bleiben, wenn ihm das ein Trainer sagen würde?

Der Satz zu Dani Alves war natürlich von mir ein bisschen überspitzt formuliert aber eigentlich unterstützt du meine Aussage mit deinen Zeilen. Du unterstreichst das blinde Verständnis und die ständige Dreiecksbildung, die damals zum Erfolg führte. Aber das ist ja genau der problematische Aspekt. Momentan sind unsere RV viel zu oft vom Spiel abgeschnitten und durch die zentrierte Rolle von Messi gibt es gar keine Möglichkeit zur Dreiecksbidlung.

Die Causa Griezmann sehe ich genau wie du. Ich hätte ihn nie gekauft, einfach weil ich grundsätzlich finde, dass Neuzugänge immer möglichst optimal fürs Spielsystem eingekauft werden sollten. Antoine ist ein toller Spieler aber mit Messi und Suarez ist das einfach ein bisschen schwierig einzubinden. Jetzt ist er aber da und man muss sich überlegen, was taktisch am Sinnvollsten ist, um möglichst viel aus dieser Spielerkombination herauszuholen. Und da denke ich, dass mein Vorschlag mehr Potenzial hat, als die momentane Situation. Auch wenn ich einen linksfüssigen Griezmann im linken Halbraum wie du ebenfalls nicht optimal finde...

Schlüssig und für mich erneut nachvollziehbar zusammengefasst, so machen "Diskussionen" Spaß.
Auf die offenen/gestellte(n) Frage(n) habe ich bis jetzt leider auch noch keine Antwort finden können.

Passend zu unserer "Diskussion" empfinde ich die gestrige Ernennung von Semedo zum "King of the Match" schon als eine Bestätigung der These, dass der LV, unabhängig des Spielers, momentan bei uns einfach mehr glänzen kann, als der RV. Ich bin mir durchaus bewusst, dass Semedo in gewissen Spielen auf LV auch schon überhaupt nichts auf die Reihe bekommen hat (ist ja schlussendlich nicht seine Position), aber es war schon augenfällig, wie sehr er gestern gegen Sevilla auf links plötzlich in unser Spiel eingebunden war. Mit Dembele als Flügel vor ihm und Messi mit Linksfokus war es doch eindrücklich zu sehen, wie oft Semedo bis an die Grundlinie durchgestochen ist. Und er wusste ja dann auch durchaus was mit diesen Situationen anzufangen. Das zeigt für mich nochmals deutlich auf, wie sehr man als Spieler einfach "Pech" hat, wenn man in unserem momentanen System den RV geben muss...